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GMS Medizin – Bibliothek – Information

Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekswesen (AGMB)

1865-066X


The full text of this article is only available in German.
Case Report
AGMB-Jahrestagung in Linz 2025

[Care workers, trainees, and dual students: Important (new) customers?]

 Dagmar Härter 1

1 SUB Göttingen, Bereichsbibliothek Medizin, Göttingen, Deutschland

Abstract

As we all know, the challenges facing our healthcare system are enormous, ranging from an aging population to a deficit of qualified staff. In recent years, employees in the nursing sector have been the focus of particular attention. However, other professions in the healthcare sector are also becoming increasingly important and gaining in significance. This article, based on a report from the Göttingen Medical Library, shows how these professional groups are viewed and treated as (new) customers and what synergies already exist, particularly at the administrative level, to pool resources and thus create added value for all.


Keywords

medical library, nursing professions, healthcare professions, training

Einleitung

Der Artikel basiert auf dem Vortrag, den die Autorin im Rahmen der AGMB-Jahrestagung 2025 am 23. September in Linz gehalten hat. Passend zum Motto der Tagung soll hier dargestellt werden, wie das Team der Medizinbibliothek Göttingen die immer wichtigere (Neu)Kundschaft der Dualen Studiengänge sowie der Pflege- und Ausbildungsberufe mit Angeboten unterstützt und welche Wege der Zusammenarbeit mit den Leitungsebenen bereits existieren. Ein kleiner Ausblick am Ende zeigt weitere Möglichkeiten auf, Synergieeffekte zu schaffen. Die Informationen zum Vortrag stammen aus zwei Interviews, die mit der Leiterin der Bildungsakademie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und mit Vertreterinnen der Pflegedirektion der UMG im Frühjahr 2025 geführt wurden.

In Göttingen existieren drei komplexe Bereiche bzw. Einrichtungen, in denen sich die Pflege- und Ausbildungsberufe sowie die dual Studierenden wiederfinden:

  • Die Bildungsakademie
  • Die Pflegedirektion
  • Der Gesundheitscampus

Die Bildungsakademie

Die Bildungsakademie vereint alle Ausbildungsberufsbilder im medizinischen Bereich sowie die Fort- und Weiterbildungsangebote der Universitätsmedizin Göttingen unter einem Dach. Dieses Modell gibt es seit ca. 10 Jahren. Die Bildungsakademie gehört zum Vorstand der UMG und hier zum Bereich der Krankenversorgung. Träger ist die Universitätsmedizin.

Zur Einrichtung gehören die Ausbildungs- und Pflegeschulen und die große Abteilung Fort- und Weiterbildung:

  • Schule für Anästhesietechnische und Operationstechnische Assistenz
  • Berufsfachschule Pflege
  • Schule für Logopädie
  • Schule für Physiotherapie
  • MT-Schule Laboratoriumsanalytik
  • MT-Schule Radiologie
  • MT-Schule Funktionsdiagnostik
  • Fort- und Weiterbildung

Auf der Webseite https://www.umg.eu/einrichtungen/zentrale-einrichtungen-der-krankenversorgung/bildungsakademie/ sind die Angebote der Bildungsakademie kumuliert und übersichtlich zusammengestellt. In 2026 soll sogar noch ein weiterer Ausbildungsberuf dazukommen, die Pflegeassistenz, der dann mit 1,5 Ausbildungsjahren erheblich kürzer sein wird als die anderen Ausbildungen.

Die Bildungsakademie bekommt ein Gesamtbudget, das von der Leiterin verwaltet wird. Investitionen werden mit dieser und der jeweiligen Schulleitung abgesprochen. Ausbildungen werden über die Krankenkassen refinanziert. Die Einrichtung bietet Plätze für 600 Auszubildende, wobei ca. 236 Personen insgesamt für alle Gesundheitsberufe jedes Jahr nachrücken. Besonders im Pflegebereich gibt es zu wenig Bewerbungen, in anderen Ausbildungsberufen dagegen regelmäßig zuviel, z.B. in der Logopädie oder der Physiotherapie. Perspektivisch soll die Zahl der Ausbildungsplätze für diese beiden Bereiche auch noch erhöht werden, Kapazitäten sind dafür vorhanden. In der Einrichtung arbeiten 75 Beschäftigte in Voll- und Teilzeit.

Es werden diverse Maßnahmen durchgeführt, um die Ausbildungsberufe möglichst attraktiv zu machen, so gibt es z.B. „Extra Deutsch“ für angeworbene Pflegekräfte aus dem Ausland, Lerncoaching und (psycho-)soziale Beratung, um die jungen Leute zu unterstützen. Es geht hier also um eine zahlenmäßig große Gruppe und damit um viel potentielle (neue) Kundschaft!

Die Pflegedirektion

Bei der Pflegedirektion handelt es sich um die Leitungsebene vom sog. „Pflegefunktionsdienst“. Es ist die Abteilung innerhalb der UMG, die für das fertig ausgebildete Pflegepersonal zuständig ist und man kümmert sich dort um alle Beschäftigten, die ihre Ausbildung im Pflegebereich abgeschlossen haben. Die Pflegedirektion gehört wie die Bildungsakademie zum Bereich Krankenversorgung. Das Budget wird direkt vom Vorstand der UMG zugeteilt bzw. es wird mit dem Vorstand besprochen, welche Summen benötigt werden. Insgesamt umfasst diese Abteilung ca. 2.400 Beschäftigte „in Arbeitsleistung“, also Personen, die in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis stehen, nicht beurlaubt oder krank sind o.ä. Diese Beschäftigten arbeiten auf 93 Stationen und in 32 Fachbereichen, 56% der Mitarbeitenden arbeiten in Teilzeit. Wie groß die Abteilung tatsächlich ist, lässt sich gut am Organigramm ablesen: https://pflege.umg.eu/ueber-uns/team/

Pflegedirektion und Bildungsakademie arbeiten sehr eng zusammen, was gerade in Zeiten von schwierigen Bewerberlagen unerlässlich ist. So müssen alle Auszubildenden der Bildungsakademie im Bereich Pflege ein Arbeitsplatzangebot bekommen – was 80% der jungen Pflegekräfte dann auch annehmen und so nahtlos von einer Abteilung des Hauses in die andere wechseln können.

Man bemüht sich mit unterschiedlichen Anreizen darum, das Personal zu halten und so auch die Attraktivität des Arbeitgebers zu steigern. So gibt es z.B. das Angebot einer „Einspringprämie“, wenn kurzfristig Dienste übernommen werden, womit die Beschäftigten eine signifikante Zulage pro Schicht bekommen können. Außerdem hat man das Modell „FlexiZeit“ eingeführt. Hiermit können die Beschäftigten Arbeitszeit sammeln und ansparen, um dann eine entsprechend lange Auszeit zu nehmen, wobei alle Sozialabgaben weitergezahlt werden.

Der Gesundheitscampus

Der Gesundheitscampus (GCG) ist eine Kooperation der Universitätsmedizin Göttingen und der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen, Fakultät Ingenieurwissenschaften und Gesundheit. Die Aufnahme des Lehrbetriebs erfolgte im WS 2016/2017.

Der GCG bündelt die Dualen Studiengänge unter einem Dach:

  • Duale Pflege
  • Therapiewissenschaften
  • Soziale Arbeit
  • Medizintechnik
  • Hebammenwissenschaften
  • Orthobionik

Der Gesundheitscampus bildet unweit der Göttinger Innenstadt und einige Hundert Meter vom Hauptgebäude der Universitätsmedizin entfernt einen eigenen kleinen Mikrokosmos, der noch nicht so stark in der Aufmerksamkeit im Hinblick auf neue Nutzendengruppen stand. Das Bibliotheksteam hatte bisher lediglich im Rahmen von Führungen mit den Hebammen zu tun.

Aber auch hier könnte ein recht großer Personenkreis abgeholt werden, da die Gesundheitsberufe immer mehr akademisiert werden. Damit müssen sich auch diese Berufsgruppen zunehmend mit wissenschaftlichen Fragestellungen beschäftigen und das wissenschaftliche Arbeiten wird relevanter, so dass sich hier ebenfalls viel potentielle neue Kundschaft ergeben könnte.

Bereits bestehende Synergien

Natürlich gibt es schon gemeinsame Mehrwerte und das Bibliotheksteam der BBM unterstützt vor allem die Bildungsakademie regelmäßig mit Angeboten und Services.

Allerdings besteht hier die Schwierigkeit, dass die Bibliothek offiziell keinen expliziten Auftrag hat, diese Einrichtungen mit Literatur zu versorgen, und kein extra dafür bereitgestellter Etat dafür vorhanden ist. Ebenso gibt es für die drei Einrichtungen bisher keine zusätzlichen finanziellen Mittel, um sich an der zentralen Literaturversorgung zu beteiligen, es herrscht zu oft noch das Prinzip „jeder einzelne Bereich kümmert sich nur um die eigenen Belange“. Ein Spagat, der alle Beteiligten oft vor große Herausforderungen stellt. Für die Zukunft wäre hier ein gemeinsames Konzept sehr wünschenswert, um die (digitale) Literaturversorgung auf stabile Beine zu stellen.

Allen Schwierigkeiten zum Trotz wird aber generell darauf geachtet, bei der Literaturbeschaffung möglichst immer das digitale Medium (ebook) zu erwerben, damit auch die Nutzer zugreifen können, die nur selten physisch in die Bibliothek kommen. Außerdem werden wo immer möglich konkrete Beschaffungsvorschläge aus dem Literaturetat der Bibliothek erfüllt, auch wenn dieser offiziell gar nicht für Pflegeliteratur bereitgestellt wird. Darüber hinaus werden Zeitschriftenabonnements, die von den einzelnen Abteilungen selber finanziert werden, über die Bibliothek verwaltet, so dass den Einrichtungen der ganze Verwaltungsprozess damit abgenommen wird.

Wenn Datenbanken oder Lernplattformen lizenziert werden, was vorwiegend über die Bibliothek erfolgt, wird dies an die Einrichtungen kommuniziert, sofern die Inhalte auch für medizinische Ausbildungs-Berufsgruppen interessant sind. Alle Angebote stehen – wo immer möglich – allen Beschäftigten zur Verfügung, zu denen die Auszubildenden/dual Studierenden natürlich gehören.

Einige Angebote haben sich bereits verstetigt. Die Auszubildenden der Pflege, der OTA-Schule (Operationstechnische Assistentinnen und Assistenten) und die Hebammen kommen jedes Jahr zu einer Bibliotheksführung samt Kurzeinführung in die Literaturrecherche in die Bibliothek, was über die Ausbildungsleitenden koordiniert wird. Und die Zusammenarbeit hat sich seit einiger Zeit noch intensiviert. So werden jetzt Erklär-Videotutorials speziell angepasst für Pflegedirektion und Bildungsakademie erstellt, vor allem zum Thema Nutzung der eRessourcen, denn das Bibliotheksteam muss immer wieder feststellen, dass das große Angebot von Datenbanken, elektronischen Zeitschriften, Lernplattformen und ebooks erstens viel zu wenig bekannt ist und zweitens vor allem nicht bekannt ist, wie man diese Angebote von außerhalb des Campusnetzes nutzen kann.

Weitere Möglichkeiten, Synergien zu schaffen

Optimieren und Verbessern geht immer: das Bibliotheksteam kann noch mehr an der Kommunikation arbeiten und diese weiter ausbauen, damit die Bibliothek mit ihren Angeboten bei den Nutzenden noch präsenter wird. Die Bibliothek soll möglichst von allen Angehörigen der UMG als Schnittstelle zwischen Fakultät und SUB wahrgenommen werden, z.B. bei der Anbestellung von Zeitschriften oder bei der Lizenzierung von Datenbanken oder Lerntools. Das verwaltungstechnische Prozedere sollte dabei ausschließlich von der Bibliothek übernommen werden, um bürokratische Schleifen zu vermeiden, die Lizenzierung von doppelten Inhalten auszuschließen etc.

Außerdem soll die Bibliothek noch stärker als die zentrale Einrichtung für Literaturbestellung wahrgenommen werden, damit nicht einzelne Einrichtungen innerhalb der UMG Medien nur für sich alleine beschaffen. Alle Anschaffungen zur Literatur- und Informationsversorgung sollten für alle Nutzendengruppen an einer Stelle gebündelt erfolgen und zugänglich gemacht werden (falls es Printmedien sind) bzw. als elektronische Ressource lizenziert werden, so dass sie von überall aus nutzbar sind.

Fazit

Bei einigen Personengruppen der medizinischen Ausbildungsberufe und auch bei verschiedenen Abteilungen innerhalb der drei großen Einrichtungen/Organisationseinheiten Bildungsakademie, Pflegedirektion und Gesundheitscampus ist die BBM durchaus schon als Dienstleisterin präsent. Aber es gibt in vielen Bereichen noch Luft nach oben, gerade was eine schlanke und effiziente Literaturbeschaffung oder die Bekanntmachung der Angebote im physischen Raum angeht. Denn vielen Auszubildenden ist z.B. gar nicht klar, dass sie den Lernort Bibliothek natürlich genauso nutzen dürfen wie die Studierenden.

Es muss stetig an der Kommunikation (weiter)gearbeitet werden, was durchaus etwas Aufwand und Mühe bedeutet, sich aber letztendlich lohnt, da die Angebote und Services durchweg immer sehr dankbar und positiv aufgenommen werden. Das Bibliotheksteam wird sich stetig weiter bemühen, dass physischer und digitaler Raum mit den dazugehörigen Dienstleistungen einen festen Platz im vollen Alltag der medizinischen Ausbildungsberufe bekommt.

Anmerkung

Interessenkonflikte

Die Autorin erklärt, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.