[Summary of the ethical guidelines of GMDS e.V. in 10 points]
Andreas J. W. Goldschmidt 1Thomas M. Deserno 2
Alfred Winter 3
GMDS-Präsidiumskommission ‚Ethische Fragen in der Medizinischen Informatik, Biometrie und Epidemiologie‘
1 Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin, Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland
2 Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, Technische Universität Braunschweig, Deutschland
3 Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Universität Leipzig, Deutschland
Abstract
The GMDS Presidium Commission on Ethical Issues in Medical Informatics, Biometrics, and Epidemiology has developed a concise summary of the GMDS ethical guidelines – “Scientific Identity” – in order to strengthen the relevance and visibility of these guidelines within the GMDS.
Einleitung
Die Aufgabe der GMDS Präsidiumskommission ‚Ethische Fragen in der Medizinischen Informatik, Biometrie und Epidemiologie‘ ist u.a. die Fortschreibung der Ethischen Leitlinien der Fachgesellschaft [1]. Darüber hinaus beschäftigt sich die Kommission mit weiteren ethischen Fragestellungen, z.B. mit Interessenkonflikten im wissenschaftlichen Begutachtungswesen. In den letzten Monaten hat sie eine prägnante Kurzfassung der ethischen Leitlinien der GMDS erarbeitet, um die Relevanz und Sichtbarkeit der Leitlinien innerhalb der GMDS zu stärken.
„Scientific Identity“ der GMDS e.V. entlang ihrer ethischen Leitlinien
Die Kurzfassung der ethischen Leitlinien für die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS) von 2008, umfasst 10 Punkte und stellt das wissenschaftliche Selbstverständnis („Scientific Identity“) unserer Fachgesellschaft dar:
- Zielsetzung: Die Leitlinien unterstützen die Mitglieder der GMDS dabei, ihrer Verantwortung im beruflichen Handeln gerecht zu werden, um Gesundheit zu fördern, Krankheiten vorzubeugen und Leiden zu lindern. Die Disziplinen der GMDS tragen durch die Schaffung und Anwendung von wissenschaftlich belegten Erkenntnissen, sowie durch Technologien und Methoden, die unterstützen diese Erkenntnisse in die Versorgung zu bringen, zu einer wissenschaftsbasierten Medizin (Evidence-Based Medicine) bei.
- Grundlagen: Die Leitlinien basieren auf internationalen ethischen Standards wie der WMA Deklaration von Helsinki [2], dem DFG Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ [3], dem IMIA Code of Ethics [4], den GI-Leitlinien [5], sowie weiteren Kodizes für Ethische Prinzipien in der Medizin und der biomedizinischen Forschung (u.a. [6]).
- Fachdisziplinen: Die Leitlinien haben Gültigkeit in den Disziplinen Medizinische Informatik, Biometrie, Epidemiologie, Medizinische Bioinformatik und Systembiologie sowie Dokumentation, die alle durch Daten- und Informationsverarbeitung sowie darauf aufbauend durch Wissensmanagement, Entscheidungsunterstützung und Prozessgestaltung zur besseren Gesundheitsversorgung beitragen.
- Kompetenzen: Mitglieder sollen kommunikative, medizinethische, regulatorische und fachliche Kompetenzen entwickeln, ihre Grenzen erkennen und über Willen und Kompetenz zur interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit verfügen.
- Verantwortung der Mitglieder: Mitglieder sollen Gesundheitsförderung, Krankheits-prävention, -linderung und -heilung unterstützen, Schaden vermeiden, die Autonomie des Menschen einschließlich der informationellen Selbstbestimmung wahren und zum Wohlergehen aller beitragen.
- Gesellschaftliche Verantwortung: Mitglieder sollen die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns, z.B. beim Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten, reflektieren und eine Balance zwischen individuellen und allgemeinen Interessen finden sowie Gerechtigkeit anstreben.
- Integrität: Interessenkonflikte sollen offengelegt und jegliche Form von Korruption oder unethischer Beeinflussung soll aktiv vermieden werden.
- Führung und Lehre: Führungskräfte sollen faire und sichere, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie auf die Anforderungen an Qualität und Sicherheit abgestimmte Arbeitsbedingungen schaffen, kritische Diskussionen fördern, ethische Reflexion unterstützen und in Lehre und Praxis als Vorbilder agieren.
- Forschung: Forschende sollen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einhalten, transparent publizieren und einen kritischen Diskurs akzeptieren.
- Rolle der GMDS: Die GMDS e.V. fördert Zivilcourage, bietet Mediation bei Konflikten an und initiiert sowie begleitet gesellschaftliche Diskurse zu ethischen Fragen in den Themen der Fachgesellschaft.
In Zeiten, in denen sich viele Medizinerinnen und Mediziner von der Anwendung von KI-Algorithmen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten große Fortschritte und eine Erhöhung der Patientensicherheit erhoffen, ist es umso wichtiger, auch die ethischen Aspekte dieser Entwicklungen im Blickfeld zu behalten. Als ein erstes Ergebnis dieser Entwicklungen hat die Präsidiumskommission ein Fachbuch zu wichtigen ethischen Aspekten und einer Folgenabschätzung für den KI-Einsatz in der Medizin herausgegeben [7]. In einem nächsten Schritt steht nun die Überarbeitung der Leitlinien unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen an, wie z.B. der personalisierten Medizin und Veränderungen sowohl der Gesundheitsversorgung und des wissenschaftlichen Arbeitens durch Methoden und Algorithmen der Künstlichen Intelligenz.
Anmerkungen
Erstellung und Konsensprozess zu dieser Kurzfassung
Die Präsidiumskommission ‚Ethische Fragen in der Medizinischen Informatik, Biometrie und Epidemiologie‘ der GMDS hatte dem Präsidium vorgeschlagen zu den aktuellen ethischen Leitlinien der GMDS eine prägnante Kurzfassung zu erarbeiten. Nach Zustimmung des Präsidiums zu dieser Anregung haben die Autoren dieser Verlautbarung eine solche Kurzfassung erarbeitet. Diese wurde von allen Mitgliedern des GMDS-Präsidiums im Umlaufverfahren zum 14.11.2025 verabschiedet.
Interessenkonflikte
Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel haben.
Literatur
[1] Ethische Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS), des Arbeitskreises der IT-Leiter/innen der Universitätsklinika (AL-KRZ), des Berufsverbandes Medizinischer Informatiker (BVMI), des Bundesverbandes der Krankenhaus-IT-Leiterinnen/Leiter e.V. (KH-IT) und des Deutschen Verbandes Medizinischer Dokumentare e.V. (DVMD). 2008. Available from: https://www.gmds.de/fileadmin/user_upload/Aktivitaeten_Themen/praesidiumskommissionen/Ethische_Leitlinien.pdf[2] World Medical Association (WMA). World Medical Association Declaration of Helsinki: Ethical Principles for Medical Research Involving Human Participants. JAMA. 2025;333(1):71-74. DOI: 10.1001/jama.2024.21972
[3] Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Guidelines for Safeguarding Good Research Practice. Code of Conduct. 2019 [updated 2024 Sep, version 1.2]. DOI: 10.5281/zenodo.3923601
[4] International Medical Informatics Association (IMIA). IMIA Code of Ethics for Health Information Professionals. Revision 2016 based on the original 2003 code of Ethics. 2016 [last accessed 2025 Sep 27]. Available from: https://imia-medinfo.org/wp/imia-code-of-ethics/
[5] Gesellschaft für Informatik e.V. (GI). Ethische Leitlinien. Version 2018 [basierend auf den Versionen von 2014 und 1994]. 2018 [last accessed 2025 Sep 27]. Available from: https://gi.de/ueber-uns/organisation/unsere-ethischen-leitlinien/
[6] Beauchamp TL, Childress JF. Principles of Biomedical Ethics. 6. ed. Oxford/New York: Oxford University Press; 2009. ISBN: 978-0-19-533570-5
[7] Goldschmidt AJW, Deserno TM, Winter A, editors. KI in der Medizin – Folgenabschätzung für Forschung und Praxis. Heidelberg: medhochzwei Verlag; 2025. ISBN: 978-3-98800-141-2



