[Andreas J. W. Goldschmidt, Thomas M. Deserno, Alfred Winter, editors: KI in der Medizin. Perspectives from practical application]
Martin Dugas 11 Institut für Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Heidelberg, Deutschland
Bibliographische Angaben
Andreas J. W. Goldschmidt, Thomas M. Deserno, Alfred Winter (Hrsg.)
KI in der Medizin – Folgenabschätzung für Forschung und Praxis
Verlag: medhochzwei Verlag, Heidelberg
Erscheinungsjahr: 2025, Seiten: 314, Preis: € 89,00
ISBN: 978-3-98800-141-2
ISBN (eBook): 978-3-98800-142-9
Rezension
Dieses Buch bietet einen aktuellen Überblick zu den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen aus verschiedenen Perspektiven. Es wurde verfasst von einem breiten Spektrum von ausgewiesenen Experten in den Medical Data Sciences, die insbesondere im Rahmen der GMDS-Präsidiumskommission „Ethische Fragen in der Medizinischen Informatik, Biometrie und Epidemiologie“ zusammengearbeitet haben. Es enthält 19 Beiträge, die sowohl theoretische Grundlagen als auch praxisnahe Fallstudien umfassen. Jedes Kapitel enthält ein Abstract, sodass ein schneller Überblick möglich wird.
Das Buch beginnt mit einer Begriffsbestimmung und der Darstellung praktischer Use Cases von KI in der Medizin, gefolgt von einer Einführung in ethische und regulatorische Grundlagen (wie zum Beispiel Good Clinical Practice für die klinische Forschung). Am Beispiel eines Universitätsklinikums wird vorgestellt, wie die Governance von KI-Systemen gestaltet werden kann, inklusive einer Checkliste zur Risikobewertung. Das Thema Verantwortung und KI wird durch einen historischen Exkurs veranschaulicht, bei dem auf die Rolle eines bekannten medizinischen Statistikers im Kontext totalitärer Verbrechen eingegangen wird.
Das AKTIN-Register dient als Beispiel für die Nutzung medizinischer Register und Real World Data (RWD) als Datenquelle für KI. Es thematisiert zentrale Anforderungen wie Vertraulichkeit, Datenqualität, Interoperabilität und die Sekundärnutzung klinischer Daten sowie die ethische Verantwortung.
Im Kontext gesetzlicher Rahmenbedingungen wird der EU AI Act sowie die Einordnung medizinischer KI-Systeme als Hochrisiko-Technologien diskutiert. Für den Einsatz in Diagnostik und Therapie müssen KI-Systeme die Anforderungen von Medizinprodukten erfüllen. Haftungsfragen, Datenschutz beim Training von KI und die Rolle der ärztlichen Verantwortung werden kritisch beleuchtet. Die Unsicherheit von Vorhersagen in der personalisierten Medizin, Qualitätsanforderungen und Bias-Risiken sowie ethische Aspekte der digitalen Transformation bilden einen weiteren Schwerpunkt. Es wird auch diskutiert, ob KI selbst bei der ethischen Bewertung von Forschung helfen kann.
Methoden zur Bewertung von KI mittels Health Technology Assessment (HTA) werden vorgestellt, einschließlich Monitoring und Bewertung von Robustheit und Interoperabilität. Risiken wie Diskriminierung, mangelnde Transparenz und Herausforderungen bei der Implementierung von KI werden behandelt.
Darüber hinaus analysiert das Buch die Auswirkungen von KI auf die Arbeitswelt, insbesondere in der Pharmaindustrie, und beleuchtet spezifische Anwendungsfelder von KI: Diagnoseunterstützung bei seltenen Erkrankungen, Best-Practice-Prozesse am Beispiel eines nicht-universitären Klinikums, klinische Terminologien, automatisierte Dokumentation und Kodierung sowie IT-Lösungen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Insgesamt bietet das Werk einen differenzierten Überblick über Chancen, Risiken und ethische Herausforderungen beim Einsatz von KI im Gesundheitswesen – praxisnah und kritisch-reflektierend. Ein wichtiges Merkmal des Buches ist seine interdisziplinäre Herangehensweise. Die Beiträge stammen von Experten aus verschiedenen Fachrichtungen, darunter Medizininformatik, Medizin, Ethik und Recht, was eine ganzheitliche Betrachtung des Themas ermöglicht. Das Buch bietet fundierte Analysen und regt zur kritischen Auseinandersetzung mit den Chancen und Herausforderungen von KI in der Medizin an. Es ist insbesondere für Fachleute aus den Bereichen Medizin, Informatik, Ethik und Gesundheitspolitik von großem Interesse.
Anmerkung
Interessenkonflikte
Der Autor erklärt, dass er keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Artikel hat.
